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Das ist bei der Übergabe einer Mietwohnung am Ende des Mietvertrags häufig die Frage. Schönheitsreparaturen gehören zu den typischen Streitpunkten zwischen Mietern und Vermietern.

Kein Wunder: Maler- und Lackierarbeiten können schnell viel Geld verschlingen. Ein Grundsatzurteil, welche Klauseln zu Schönheitsreparaturen wirksam sind und welche nicht, hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits im Jahr 2015 gefällt.
Am heutigen Mittwoch hat der BGH einen Fall (Aktenzeichen: VIII ZR 277/16) verhandelt, der für Klarheit sorgen kann, wie sich Vereinbarungen zwischen Vormietern und Nachmietern auf die geltende Rechtsprechung auswirken. Auf ein Urteil müssen Mieter und Vermieter aber bis 22. August warten.

WIE LAUTET DIE AKTUELLE RECHTSPRECHUNG?

Generell ist der Vermieter gemäß § 535 des Bürgerlichen Gesetzbuches für die Instandhaltung seiner Wohnung verantwortlich. Das gilt neben Renovierungsmaßnahmen auch für Schönheitsreparaturen. Allerdings lassen sich Arbeiten wie Streichen, Tapezieren, Lackieren der Haustür (von innen) oder Heizkörper auch auf den Mieter übertragen.
„Dies kann nur dann wirksam vereinbart werden, wenn die Wohnung in einem renoviertem Zustand übergeben worden ist“, erklärt Inka-Marie Storm, Chefjustiziarin von Haus und Grund. Haus und Grund ist ein Verein, der Eigentümerinteressen vertritt. „Das heißt aber nicht, dass die Wohnung vor dem Einzug des Mieters frisch gestrichen sein muss. Es reicht ein renovierter Gesamteindruck“, betont Storm.
Ein Streit ist in den vergangenen Jahren häufig bei unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergebenen Wohnungen entbrannt, bei denen Vermieter die Schönheitsreparaturen per Vertragsklausel auf die Mieter abgewälzt haben. 2015 hat der Bundesgerichtshof hier das richtungsweisende Urteil mit dem Aktenzeichen VIII ZR 185/14 gefällt.
Demzufolge sind Klauseln, die Schönheitsreparaturen auf Mieter abwälzen, unwirksam. Der BGH sah darin eine „unangemessene Benachteiligung“ der Mieter, da sie Mieter dazu verpflichtet, sämtliche Gebrauchsspuren des Vormieters zu beseitigen. Gegebenenfalls müsste ein Mieter die Wohnung gar in einem besseren Zustand zurückgeben als er sie übernommen hat.
Unrenoviert ist eine Wohnung nicht erst dann, wenn sie völlig abgewohnt ist. Maßgeblich sei laut BGH, ob eine Wohnung Gebrauchsspuren aus einem vorvertraglichen Zeitraum aufweist. Mieterschutzverbände raten, den Übergabezustand zu dokumentieren. So könnte er im Übergabeprotokoll oder mit Fotos festgehalten werden. Denn die Beweislast, ob eine Wohnung renoviert oder unrenoviert übergeben wurde, liegt beim Mieter.
Wirksam übertragen werden können Schönheitsreparaturen auch, wenn es eine außervertragliche Vereinbarung gibt. „Haben Mieter und Vermieter etwa im Übergabeprotokoll festgehalten, dass sich der Mieter zu Schönheitsreparaturen verpflichtet, gilt diese Vereinbarung“, erklärt Ulrich Ropertz, Geschäftsführer vom Deutschen Mieterbund. Allerdings lässt die Rechtsprechung auch Ausnahmen zu: Wird im Vertrag ein „angemessener Ausgleich“ für die zu überwälzenden Schönheitsreparaturen gewährt, sind Klauseln zu Schönheitsreparaturen durchaus wirksam. So könnten sich die Parteien darauf einigen, dass für einen bestimmten Zeitraum keine Miete zu zahlen ist.

WORUM GEHT ES IM AKTUELLEN FALL?

Der am Mittwoch vom Bundesgerichtshof verhandelte Fall spiegelt eine Facette in den Streitigkeiten um Schönheitsreparaturen wieder. Der Beklagte Mieter hatte in Celle eine Wohnung bezogen, die ihm in unrenoviertem Zustand mit Gebrauchsspuren der Vormieterin übergeben wurde. Der Formularmietvertrag sah vor, dass die Schönheitsreparaturen dem Mieter oblagen. Hinzu kommt allerdings, dass der Mieter mit der Vormieterin eine Vereinbarung getroffen hat, in der er sich einerseits zur Übernahme von Teppichboden und Einbauküche für 390 Euro und andererseits zur Übernahme der Schönheitsreparaturen bereit erklärte.
Der Mieter hatte die Wohnung zu seinem Auszug gestrichen. Die Klägerin, eine Wohnungsbaugesellschaft, war mit den Arbeiten jedoch nicht zufrieden und beauftragte einen Maler. Die entstandenen Kosten in Höhe von 799,89 Euro verlangt die Klägerin nun unter Verrechnung anderer geltender Forderungen vom Mieter. Der jedoch beruft sich auf das 2015 vom BGH gefällte Urteil zu Schönheitsreparaturen – und darauf, dass die Vertragsklausel unwirksam sei.

WARUM IST DAS URTEIL RELEVANT?

Da es um eine spezielle Vereinbarung zwischen Vormieterin und Nachmieter geht und die Frage, wie sich diese auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Nachmieter und dem Vermieter auswirkt, geht es zwar um einen Sonderfall. Der Fall sei aber dennoch nicht ungewöhnlich, meint Ropertz vom Deutschen Mieterbund. Gerade in angespannten Märkten, in denen Mieter zügig eine Wohnung suchen, sind Vereinbarungen zwischen Vor- und Nachmietern keine Seltenheit.
Vorinstanzen (LG Lüneburg Aktenzeichen 6 S 58/16, AG Celle Aktenzeichen 14 C 1146/14) hatten der Klägerin Recht gegeben: Angesichts der Vereinbarung zwischen Vormieterin und Mieter sei es interessengerecht, die Wohnung so zu behandeln, als habe der Mieter sie in renoviertem Zustand übernommen. In diesem Fall sei es nicht unangemessen, die Schönheitsreparaturen zu übertragen.

WELCHE REGELUNGEN GILT ES NOCH BEI SCHÖNHEITSREPARATUREN ZU BEACHTEN?

Als richtungsweisend gilt weiterhin das Grundsatzurteil des BGH aus dem Jahr 2015. Mietern, die eine unrenovierte Wohnung übernommen haben, dürfen die Schönheitsreparaturen nur mit einem angemessenen Ausgleich übertragen werden. Unwirksam ist auch eine formularvertragliche Endrenovierungspflicht unabhängig vom Zeitpunkt der letzten Schönheitsreparaturen (Vgl. VIII ZR 316/06).
Ebenfalls unwirksam sind starre Fristen für Schönheitsreparaturen, wie das BGH bereits 2004 urteilte (VIII ZR 361/03). Dabei geht es um Klauseln, die beispielsweise Schönheitsreparaturen nach drei Jahren in Küche und Bad oder Ähnliches vorsahen. Dem Urteil zufolge müssen Mieter nur dann Schönheitsreparaturen durchführen, wenn es der Zustand der Wohnung erfordert. Gänzlich ungültig sind Fristen in Mietverträgen jedoch nicht: „Beinhalten die Fristenklauseln Formulierungen wie ‚in der Regel‘ oder ‚üblicherweise‘, die eine flexible, dem tatsächlichen Zustand entsprechende Auslegung ermöglichen, haben die Klauseln Bestand“, erklärt Storm von Haus und Grund. Im Jahr 2015 stufte der BGH ebenfalls Quotenabgeltungsklauseln als unwirksam ein. Bis dahin war es möglich, dass Mieter für den Zeitraum ihrer Mietdauer für Schönheitsreparaturen belangt werden konnten. Bewohnte ein Mieter beispielsweise nur zwei Jahre eine Wohnung, konnte der Vermieter ihn für diesen Zeitraum anteilig an den Kosten beteiligen. Diese formularmäßigen Quotenabgeltungsklauseln hat der BGH für unwirksam erklärt (VIII ZR 185/14).

MUSS WEISS GESTRICHEN WERDEN?

Eine häufige Streitfrage zwischen Mietern und Vermietern ist: Mit welcher Wandfarbe kann eine Wohnung übergeben werden? „Eine Wohnung muss nicht weiß übergeben werden. Allgemein hell neutrale Farben wie beispielsweise helle Cremetöne reichen aus“, sagt Storm von Haus und Grund. Bei kräftigeren Farben wie einer roten oder schwarzen Wand ist die Lage anders. Grelle Wandfarben muss der Vermieter nicht hinnehmen, wie der BGH im Jahr 2013 urteilte (VIII ZR 416/12). Demnach ist der Mieter zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er eine in neutraler Dekoration übernommene Wohnung bei Mietende in einem ausgefallenen farblichen Zustand zurückgibt, der von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert wird.